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Ein Hörspiel am Liegestuhl

Das AUDIOVERSUM ist einer von 5 Orten in Innsbruck, an denen noch bis 17. Juni 2021 das experimentelle Hörspiel HOW DEEP IS THE SEA von Peter Lorenz & Martin Hofstetter erlebbar ist. „Am Strand. Meeresrauschen. Sonnenuntergang. Befriedigt oder befriedet?“, so die Ausgangsfrage, die mir der junge Theatermacher Peter Lorenz (27) versucht zu beantworten.

Peter Lorenz und Nick Granbacher beim Aufbau der Installation im AUDIOVERSUM

Ich treffe ihn im Lichthof des AUDIOVERSUM – das Setting der Strandliege. Auf den ersten Blick ist dort ein gewöhnlicher, weißer Liegestuhl zu sehen. Bei genauerem Hinschauen entdecke ich links und rechts zwei Boxen. Oberhalb des Kopfteiles schwebt eine blau gesprenkelte Scheibe, an der zwei kleine Figürchen in einem Sessellift schweben. Ein roter Button startet das halbstündige interaktive Hörspielerlebnis, das idealerweise im Liegen erlebt werden soll.

Das Kopfteil der interaktiven Hörspielstation mit schwebendem Sessellift im Audioversum

Das Hörspiel im Liegestuhl
„Geplant war es eigentlich anders, aber vielleicht war diese experimentelle Station genau das, was es immer schon sein sollte“, erklärt Peter die Entstehungsgeschichte des Liegestuhls.
„Mit dem Text dazu habe ich bereits vor zwei Jahren begonnen. Es sollte auch damals schon ein experimentelles Klangtheater werden. Mit Martin Hofstetter, den ich im Theater St. Gallen kennenlernen durfte, habe ich das Stück dann gemeinsam weiterentwickelt. Es ist ein absurdes Setting von zwei Personen am Strand in einer absurden Welt. Auf der Bühne wäre es eine Maschinenwelt gewesen, wo die Sounds selbst kreiert worden wären.“

Peter Lorenz und Martin Hofstetter beim Work-In-Progress am Sessellift

„Wäre“ betont Lorenz, denn der am Premierentag in Kraft getretene Lockdown hat die Uraufführung am Theater diemonopol in Innsbruck im vergangenen Jahr verhindert. Davon ließ sich das Team nicht einschüchtern und hat mit dem experimentellen Hörspiel eine pandemiegerechte Formatverschiebung erdacht, die das Stück nicht nur auf der ganzen Welt digital verfügbar macht, sondern auch das Publikum individuell mit einer unmittelbaren Erfahrung im physischen Raum – wie hier im AUDIOVERSUM – erreichen soll.

Unsere Leiterin Julia Sparber-Ablinger testet die interaktive Hörspielstation im Audioversum

Auf interaktiven Strandliegen wird der Zuhörer recht bald in ein Strandsetting samt maschinellem Meeresrauschen und Sonnenuntergang versetzt – bewusst mechanisch gewählt. „Alle Klänge und Geräusche wurden in Eigenproduktion erzeugt und aufgenommen– ganz ohne Synthesizer oder Sound-Samples.“, erklärt Peter. „Die Wellenmaschine war eine Keksdose, gefüllt mit Hirse, die hin und herbewegt wurde. Das Möwengeräusch wurde von einem Absperrband erzeugt. Der Sessellift-Sitz – in Originalgröße – war Teil des Bühnenbildes. Er wurde mit Tennissaiten und Rechen bespannt, um dann als multiinstrumentale Installation Teil der Klangkulisse zu werden.“

Zur Klangerzeugung gibt es ein Video, auf dem man die beiden Künstler Lorenz und Hofstetter bei ihrem Work-In-Progress an den Klangmaschinen und dem Sessellift sieht.

Bei Fortschreiten des Hörspieles verändern sich die scheinbar monoton gehaltenen Gespräche und Geräusche. Das Meeresrauschen wird zu einem Bombengrollen, zumindest mutet es so an. Das Hörspiel ist eine Auseinandersetzung mit der Urlaubsindustrie und dessen einseitiges Bild vom Mittelmeer. Die Künstler begeben sich mit Humor und Tiefe auf eine Gratwanderung zwischen Tourismus und Terrorismus, Versprechen und Überforderung.

Vom ersten Teil des Strandes gelangt der Zuhörer/die Zuhörerin über eine Neuinterpretation des Liedes „Come é profondo il mare“ von Lucio Dalla zum utopischen, zweiten Teil am Sessellift. Dieser Song inspirierte auch zum Titel des Projekts und drückt aus, dass unsere Gedanken so unaufhaltsam sind wie das Meer.

Die Projektionsfläche für die Phantasie, das Kopfteil der Installation im Audioversum

Auf ihrer Sessellift-Safari, wie Peter Lorenz es auch nennt, planen die zwei Protagonisten auch den Besuch in einem Museum. Was dort gezeigt wird, überlässt das Stück dem Gedankenspiel der ZuhörerInnen. „Wie wichtig sind Museen?“, frage ich Peter Lorenz noch zum Abschluss.

„Das Museum ist ein Ort für Bewusstseinsbildung, kann Menschen abholen und wie hier bei unserer Installation im AUDIOVERSUM aufzeigen, dass unter einer glatten und glänzenden Oberfläche oft ein rauer Unterton herrschen kann!“

Danke an Peter Lorenz für diesen guten Schlusssatz!

Das Hörspiel kann auch zuhause erlebt werden https://www.peterlorenz.at/howdeepisthesea/ 
Im Lichthof des AUDIOVERSUM kann das experimentelle Hörspiel am Liegestuhl noch bis 17. Juni ausprobiert und erlebt werden.
Bitte gerne wieder auf unserer Blogseite vorbeischauen, hier gibt es regelmäßig Neuigkeiten aus der akustischen Erlebniswelt.
Eure Michaela.

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