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AUDIOVERSUM-Expertentalk mit Sales Manager Sebastian Foidl

Wie wird aus einem Startup-Unternehmen ein Weltkonzern? Was wie ein Titel für ein Verkaufsseminar klingt, hat der damals junge Verkaufsleiter Sebastian Foidl selbst erlebt. Er hat die Internationalisierung des Unternehmens MED-EL entscheidend vorangebracht und gehört zu den ersten Mitarbeitern, die 1990 angestellt wurden. Als Area Manager ist er weit gereist und hat auch entsprechend viel zu erzählen.

Das erste Marketingplakat nach einer Idee von Sebastian Foidl

Du gehörst mit Alexander Mayr und Wolfgang Fitz zu den drei ersten Mitarbeitern der Firma MED-EL. In einem Interview 2015 hast Du erzählt, Ingeborg Hochmair habe damals einen „Mann für alles“ gesucht. Wie war das genau?

Inge (Anm. CEO Ingeborg Hochmair) hat damals an einem Business-Plan für die junge Firma MED-EL gearbeitet. Ein Unternehmensberater hatte mich empfohlen. Angedacht war ursprünglich eine sehr universale Aufgabe. Ich brachte einen kaufmännisch-technischen Hintergrund mit und hatte bereits erste Auslandserfahrungen gesammelt. Ich war noch jung, dynamisch und reiselustig. Corona-Probleme gab es damals noch keine, also ging es gleich los. Auf Uni-Ebene existierten bereits Kontakte, hauptsächlich Deutschland, Schweiz, Italien, Schweden, Norwegen und Belgien. Solche Uniklinik-Kontakte waren extrem wichtig für meinen Start. In der Folge vergrößerte sich dieses Netzwerk und es waren die ersten Kongresse zu bedienen. Zunächst noch HNO-Kongresse, später kamen auch spezifische CI-Kongresse dazu. Es gab immer einen Marktführer und wir waren der gute Herausforderer. Wir fühlten uns am Markt willkommen, waren sehr serviceorientiert, agierten wissenschaftlich und stellten somit eine starke Bereicherung dar.

Wo liegt der Unterschied zwischen einem Herausforderer und einem Marktführer?

In manchen neuen Märkten wurden wir bald zu Market Leaders. Wir waren immer schon patientenfreundlicher und flexibler als andere Anbieter. MED-EL konnte sich in den meisten Ländern und Kliniken klug behaupten und unsere medizintechnischen Innovationen wurden sehr geschätzt – das war richtiggehend spürbar. 

Sebastian Foidl mit BONEBRIDGE-Implantat in der MED-EL World

Du bist Sales Manager für ein besonderes Produkt rund um einen wichtigen, menschlichen Sinn. Was ist deiner Meinung nach wichtig in der Kommunikation rund um Hör-Implantate?

Da muss man zurückgehen in die über 30jährige Historie unserer Medizintechnik. Es existierte noch sehr wenig im Bereich der menschlichen Sinne. Wir betraten da Neuland. Kein menschlicher Sinn wurde damals medizintechnisch so genau erfasst, abgesehen von Hörgeräten und Brillen. Ingeborg und Erwin Hochmair haben das erste „High Rate“ Cochlea-Implantat entwickelt und in einer großen Multicenter Studie klinisch eingesetzt. Dieser Meilenstein gilt als die Geburtsstunde des modernen Cochlea-Implantats, das Hören für ertaubte Menschen endlich ermöglicht hat. Da war das Interesse bei Ärzten und Wissenschaftlern natürlich sehr groß. Es herrschte ein großer Pioniergeist bei uns. Die Türen standen offen, die erste Generation von Ärzten waren wirkliche Pioniere. Hier haben wir gemeinsam mit den Kliniken sehr viel Entwicklungsarbeit geleistet.

Wie hast du es geschafft Überzeugungsarbeit bei Ärzten zu leisten?

Wir waren gemeinsam mit Inge und dem Uni-Team eine begeisternde Truppe und haben viele neue Kontakte hergestellt. Es herrschte ein ambitionierter Start-Up-Spirit und die Konkurrenz war damals technisch etwas zurückgeblieben. So haben wir innovative Meilensteine gesetzt, von denen die meisten Ärzte schon von sich aus überzeugt waren. Ich habe die Qualität und das Team von MED-EL als europäischen Partner hervorgehoben. Die Realisierung des COMBI-40 Implantats (Anm. 8-Kanal-Cochlea-Implantat mit hoher Übertragungsrate) hat revolutionäre Ergebnisse erzielt. Von da an war MED-EL ein Challenger auf dem Markt und ist es bis heute. In keiner anderen Branche ist man derart gefordert, das motiviert mich auch heute noch sehr. 

Sebastian Foidl im virtuellen Ohr der Hauptausstellung im AUDIOVERSUM

Welche Rolle spielt ein Tiroler Familienunternehmen in diesem Weltmarkt?

MED-EL ist das einzige private Unternehmen, unsere Konkurrenten sind börsenorientierte Firmen, die sozusagen aus unlimitierten Ressourcen schöpfen. Wir vertreten damit eine europäische Firmenkultur. Ein Cochlea-Implantat ist eine Langzeitpartnerschaft mit dem Patienten, deshalb spielt das Vertrauen auch eine so große Rolle. Das Familienunternehmen steht für Verbindlichkeit und der Qualitätsanspruch ist solide und beständig.

Viele Jahre hindurch warst du als Area Manager für den Nahen Osten, Südeuropa und Afrika verantwortlich. Wie wirkten sich diese vielfältigen Kulturen auf deine Arbeit aus?

Zu Beginn ging ich sehr passiv vor und startete dort wo Geschäftsinteresse da war. Neben Europa ging es damals nach Südamerika, nach Argentinien und Brasilien. Es entstanden Partnerschaften, aus denen  auch erste, lokale MitarbeiterInnen hervorgingen. In dieser Zeit hat sich meine Arbeit vom Verkauf in Richtung Headhunting bewegt, hier hatte ich ein gutes Händchen. Alle diese Leute sind zu Multiplikatoren für MED-EL geworden. Das mag in der Retrospektive vielleicht chaotisch und zufällig erscheinen, war aber tatsächlich unser Erfolgskonzept.

Sebastian Foidl vor der Kunst Franziska Stünkels in der SOUND-GALLERY

Wir befinden uns nicht zufällig in unserer SOUND-GALLERY, dem Raum unserer 360-Grad Klanginstallation, die von bildender Kunst umrahmt wird. Derzeit zeigen wir ausgewählte Werke der Foto-Künstlerin Franziska Stünkel, deren Spiegelungen auf einer weltumspannenden Idee fußen: Ihre ersten Aufnahmen entstanden 2010 in Asien, zwei Jahre später in Afrika und in weiteren Zweijahresschritten in Europa und Amerika. Alles Kontinente, die du ebenfalls bereist hast. Welche Momente sind dir dabei in Erinnerung geblieben?

Meine Reisen waren immer sehr kurz und intensiv. Was mir überall in Erinnerung blieb sind die vielen interessanten Menschen in den Ländern – besonders auch die Kinder. Afrika wird mir immer besonders farbenprächtig im Gedächtnis bleiben, auch die Tierwelt hat mich sehr fasziniert. Ein vielfältiger Kontinent mit besonderer Seele.

Hat dich das viele Reisen auch persönlich sehr geprägt?

Natürlich, in erster Linie habe ich gelernt, ohne Angst und Bange in viele vorwiegend nicht touristische Länder zu reisen. Eine gute Menschenkenntnis hilft hier sicher auch, um die richtigen Leute zu finden, die dir weiterhelfen können, um deine Vorhaben weiter zu bringen.

Wo reist du privat gerne hin?

Meine Frau ist Schwedin, wir verbringen also den Sommer immer in unserem Haus in Schweden. Dort reise ich auch am liebsten hin. Gefühlsmäßig sehe ich mich wohl am liebsten in Afrika, insbesondere das südliche Afrika begeistert mich sehr. Ansonsten mag ich es bodenständig in Österreich oder natürlich Italien. Es ist die Summe aus Natur, Menschen und Kultur, die es überall zu entdecken gilt. Ich konnte im Laufe meiner vielen Reisen eine gute Vorstellung von der Welt gewinnen.

Kommen wir zurück zu deiner Profession bei MED-EL. In den letzten 30 Jahren hat sich sehr viel getan, wie siehst du diese Entwicklungen in Zukunft und wo liegt dein Fokus derzeit?

Ich betreue weiterhin eine große Sales Area, der Großteil wird aber bereits umstrukturiert. Was mir sehr wahrscheinlich bleiben wird und mir auch am Herzen liegt ist Pakistan, dort sehe ich noch großes Potential für unser Unternehmen. In Pakistan können wir aufgrund der fehlenden, ökonomischen Strukturen im Gesundheitsbereich bisher nur einen Bruchteil der zu versorgenden Kinder mit Hörverlust erreichen. Hier ist noch sehr viel zu tun.

Heute sind deine Kinder bereits erwachsen. Doch wie hast du ihnen deine Arbeit erklärt, als sie noch klein waren?

Unsere Kinder haben schon viel von meiner Arbeit mitbekommen, auch wenn ich sehr viel unterwegs war. Alle meine Kinder konnten auch erste berufliche Erfahrungen bei MED-EL sammeln. Ohne die große Unterstützung durch meine Frau wären die vielen Reisen sicher nicht möglich gewesen.

Du kennst das AUDIOVERSUM natürlich auch schon seit der Eröffnung 2013 und hast uns oft mit Partnern etc. besucht. Hast du einen persönlichen AUDIOVERSUM-Moment oder gibt es ein Lieblingsexponat?

Viele Exponate und Erklärungsmodelle im AUDIOVERSUM sind ganz wesentlich, um etwas über den Hörsinn zu lernen. Die Biologie-Nachhilfe im virtuellen Ohr ist sicher ein ganz zentrales Modell, damit zusammenhängend auch die Unterscheidung zwischen Knochenleitungs- und Schalleitungshören. Ein Exponat mit Aha-Effekt, den die BesucherInnen mitnehmen.

Das GEHÖRT-Kino ist auch eine wichtige Station, wie ich finde. In der Simulation des Alltags kann hier real nachgespürt werden, wie sich die Stufen der Hörbeeinträchtigung auswirken können und wie wichtig dieses Sinnesorgan für uns alle ist.

Lieber Sebastian, vielen Dank für deine Zeit und deine interessanten Einblicke.

Das Interview führte Michaela Pletzer

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